Alte Quellen

Kgl. Hofgarten mit den Arkaden


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Quelle Zauner - München in Kunst und Geschichte (141)
Jahr 1914
Straße Odeonsplatz

Kgl. Hofgarten mit den Arkaden, Odeonsplatz — Galeriestraße. I. Der Hofgarten. Der „Hofgarten“ trägt seinen Namen mit vollem historischen Recht: er war und ist ein wichtiger Teil der Residenz. Im Sommer versammelt sieh unter seinen Arkaden und Lindenbäumen (2 Arkaden-Cafés) noch immer die elegante Stadt. Von Kurfürst Maximilian I. 1614 an der Nordostseite der Residenz angelegt und damals, nur dem Hof zugänglich (der bisherige Hofküchengarten in der Residenz, wurde zum Zeughaus bestimmt), wurde er 1623 beim Bau des Stadtwalles in die Circumvallationslinie einbezogen (ein Wall-Rest ist noch jener baumbepflanzte Hügel jenseits der Galeriestraße hinter dem Palais Royal).

Die Anlage der Laubgänge und Blumenbeete geschah in der damals beliebten holländisch-französischen Art, wonach ein großer quadratischer Plan in mehrere Partien von symmetrischen, genau abgemessenen Ziergestalten, mit Buchs und Zwiebelblumen besetzt, zerfällt (Gegenteil vom Naturpark des „Englischen Gartens“). Inmitten des Gartens wurde 1615 ein hübscher Brunnen-Rundtempel mit 6 Arkaden gebaut und auf dessen Kuppel 1623 eine Bavaria aus Erz gesetzt, „das reizvollste unter den plastischen Werken Peter Candids“ (das von einem frühem großen Brunnenwerk aus dem ehemaligen „italienischen“ Hofgarten Albrechts V. am jetzigen Marstallplatz stammt); „wer hätte in dieser nackten Göttin mit dem kunstreichen Helm auf dem feinen Köpfchen und der Hirschhaut auf dem Rücken etwas anderes erkennen wollen als eine Diana mit ihrer Jagdbeute? Steht auch diese Allegorie in allem, was an Bayern erinnert, auf der äußersten Grenze des Vergleichbaren in Wuchs, Bewegung und Bekleidung (BAJ 109 hält die Figur für eine ursprüngliche Diana, vermutlich von Hubert Gerhard, „die für ihre neue Rolle etwas gewaltsam umgetauft worden und mit neuen Attributen, namentlich der 1623 erworbenen Kurwürde versehen worden ist), so ist es doch eine prächtige Figur und im Sinne der Candid-Epoche ein Kunstwerk ersten Ranges; als technisches Meisterstück ist sie längst gewürdigt worden; (am rechten Unterarm mit dem Reichsapfel, dem Symbol der Kurwürde, ist ein Teil ergänzt, offenbar nach dem Gewinn der Kurfürstenwürde, durch die Maximilians größter und dringlichster Wunsch sicherfüllte; die Sinnbilder deuten auf Bayerns Reichtümer und Stammtugenden: auf seine soldatische Tüchtigkeit der Helm, auf die Religiosität das Modell einer Kirche in den Händen des Genius (vielleicht ein Hinweis auf das Nationalheiligtum in Altötting), die Hirschdecke deutet auf den reichen Wildbestand in den Bergwäldern und die Nimrodnatur des Altbayern, der Aehrenkranz auf den Ackerbau und der Salzkübel in der Form der Reichenhaller Verpackung auf das wichtige Handelsprodukt, das Salz (dem München hauptsächlich seine Entstehung verdankt — als Zollstätte an der alten Salzstraße); die 3 andern Genien am Sockel zeigen den Kurhut, ein Füllhorn und Früchte (Gartenbau und Obstbau), und ein Baumreis. (Wälder) [W 113]“.

Das Innere des Tempelchens wurde mit herrlicher Deckenmalerei von Schülern Candids geziert. An der Stelle des jetzigen Parterres vor dem Armeemuseum (dem Ort der ehemaligen Hofgartenkaserne) war ein rechteckiger Lustweiher. 1776 ließ Kurfürst Karl Theodor an Stelle der Blumenbeete, unter Schonung der bereits stehenden wilden Kastanienbäume und der äußeren Alleen, die Linden setzen, die heute den Hofgarten in gerader Richtung durchziehen und den Weiher einfüllen. König Ludwig I. ließ wieder 4 Bassins hersteilen und auf der Bazarseite für dessen Bewohner den bronzenen Nymphenbrunnen (von Schwanthaler) errichten; Prinzregent Luitpold endlich schuf 1895 die jetzige herrliche Blumenbeet-Anlage, „wohl die erste, und sicher die beste Gartenschöpfung, die die neue künstlerische Bewegung für Ziergärten einleitete [Br 77]“.

2. Die Arkaden. Während der Hofgarten im Süden durch die Residenz und im Osten durch den Stadtwall seinen Abschluß gefunden, ließ ihn Kurf. Maximilian I. auf der West-und Nordseite künstlich durch gedeckte Bogengänge („Arkaden“) vom Publikum abschließen, demnach sind diese Galerien zu betrachten als eine bauliche Fortsetzung der Residenz, die — unmittelbar an den Festsaalbau anschließend, — 671 m lang den Hofgarten an 2 Seiten umzieht und sich in 125 Pfeilerarkaden gegen denselben öffnet (nach dem Vorbild der neuen Residenz-Innenhöfe wurden dann auch die Arkaden im pompejanischen Stil dekoriert). Zudem ließ Kurf. Ferdinand Maria auf der Westseite des Gartens ein Turnierhaua (später „Alte Reitschule“ genannt) bauen, worin ungefähr 10000 Personen den Ritterspielen, Karussels und Maskenspielen zuschauen konnten. Kurf. Karl Theodor ließ 1779 den Nordflügel um ein Stockwerk erhöhen und als Gemäldegalerie ausbauen (daher der Name der daran vorüberführenden Galeriestraße). 1822 wurde die Alte Reitschule niedergerissen und durch Klenze die ganze Westseite der Arkaden (dem Odeonsplatz zu) zu einem zusammenhängenden Komplex von Privatkaufhäusern ausgebaut, genannt „Bazar“; die langgestreckte Masse trennte Klenze in 5 Teile: 2 Flügel haben 2 Geschosse, und die 3 Risalitbauten sind dreigeschossig; alle Gesimse laufen horizontal durch; sämtliche Fenster sind harmonisch mit den bereits vorhandenen Pfeilerarkaden im Rundbogen geschlossen; am Odeonsplatz wurde am Mittelbau sowie an den beiden Pavillons die Fenster zu Gruppen vereinigt und damit seitliche Massen von glücklichstem Kontrast hervorgebracht; dabei wurde der südliche Pavillon zu einem Cafd („Bauknecht“)1) und der nördliche als Gemäldegalerie des „Kunstvereins“* * 5) eingerichtet; dieser trat 1867 seine bisherigen Räume an ein Restaurant ab und schuf sich am Ostende der Nord- Arkaden ein eigenes Ausstellungsgebäude. Als die Gemäldegalerie des Kurfürsten Karl Theodor 1836 in die Alte Pinakothek einzog, wurde die „Galerie“ frei für das „Museum für Gipsabgüsse“ und ^„Ethnographische Museum.“ Künstlerische Ausstattung der Arkaden. Wände und Decken sind unter König Ludwig I. von ihrem Beginn bei der Residenz bis zum Ausgang beim „Kunstverein“ mit Fresken und Ornamentmalerei vornehm geschmückt worden: durch diesen „schönen Gemäldeschmuck von höchster künstlerischer Bedeutung wurden die Arkaden eine Hauptzierde der Stadt München [Rb 265]“; freilich haben die Farben durch wiederholte Restaurationen von ihrem ursprünglichen Charakter viel eingebüßt; die günstigste Besichtigung bietet ein Standpunkt außerhalb der Arkaden iu den Nachmittagsstunden. Die Fresken selbst zerfallen in 3 Cyklen: a) Historischer Cyklus aus der Geschichte des Hauses Wittelsbach (zu beiden Seiten des 1823 von Klenze erbauten Einfahrtstores am Odeonsplatz) entworfen von Cornelius, ausgeführt von dessen Schülern 1826-29; die Aufschriften der Bilder wurden von Lipowsky und Corres entworfen und vom König Ludwig selbst redigiert; die Reihe beginnt mit der „Bavaria“ beim Anschluß an die Residenz von W. Kaulbach, von dem auch die über den beiden mittleren Durchgangsbögen befindlichen Allegorien der 4 bayerischen Ströme (Rhein, Donau, Main und Isar) stammen; Trophaeen von Neureuther, Frucht- und Blumenguirlanden von Lippmann; die 12 großen Gemälde:

  1. Befreiung des deutschen Heeres im Engpaß von Chiusa durch Otto den Großen von Wittelsbach, von E. Förster;
  2. Belehnung Ottos von Wittelsbach mit dem Herzogtum, von Zimmermann;
  3. Vermählung Ottos mit der Pfalzgräfin Agnes, von Buckel;
  4. Einsturz der Innbrücke bei Mühldorf mit den darüberfliehenden Böhmen, von Stürmer-,
  5. Sieg Kaiser Ludwigs des Bayern bei Ampfing, von K. Herrmann-,
  6. Kaiserkrönung Ludwig des Bayern zu Rom, von H. Stilke;
  7. Herzog Albrecht lehnt die Krone von Böhmen ab, von Hiltensperger;
  8. Sieg Herzog Ludwigs des Reichen bei Gingen, von W. Lindenschmitt-,
  9. Festsetzung des Primogeniturgesetzes durch Albrecht IV., von P. Schilgen;
  10. Erstürmung von Godesberg, von Stilke, und Gassen-,
  11. Erhebung Bayerns zum Kurfürstentum, von Eberle;
  12. Erstürmung Belgrads durch Max Emanuel, von Stürmer;
  13. Erstürmung einer türkischen Festung durch die Bayern, von Monten;
  14. Gründung der Akademie der Wissenschaften durch Kurfürst Max III. Joseph, von Foltz;
  15. Schlacht beiArcis surAube, von Monten;
  16. Erteilung der bayerischen Verfassung, von Monten.

b) In den unterm Bazar hinziehenden Arkaden ein Cyklus von 28 italienischen Landschaften von Karl Rottmann 1830—34, zu denen der König Ludwig selbst, der in Italien überaus gerne weilte, die Distichen verse gab; der Künstler „hat hier die ideale Wirkung der stilisierten Landschaft mit vollständiger Naturwahrheit verbunden und in wenigen und prägnanten Formen dem Boden gleichsam seine geschichtliche Bedeutung abgelauscht“; die Folge der Fresken geht vom Norden (Trient) zum Süden Italiens (Sizilien):

  1. Trient;
  2. Veroneser Klause;
  3. Florenz;
  4. Perugia;
  5. Aqua acetosa;
  6. Rom;
  7. Roms Ruinen;
  8. Campagna;
  9. Monte Cavo;
  10. Lago di Nefhi;
  11. Tivoli;
  12. Monte Serone;
  13. Terracina,
  14. Lago d’Averno;
  15. Golf von Baja;
  16. Ischia;
  17. Palermo;
  18. Selinunt;
  19. Tempel der Juno Lucina;
  20. Girgenti;
  21. Syrakus;
  22. Aetna;
  23. Cyklopen-Felsen;
  24. Theater von Taormina;
  25. Messina;
  26. Reggio;
  27. Scilla und Charybdis;
  28. 2Kephalu.

c) Auf der Nordseite der Arkaden 39 Darstellungen aus dem griechischen Freiheitskriegen, die der Anlaß wurden, des Königs Ludwig I. Sohn, den Prinzen Otto auf den griechischen Tron zu erheben; die Bilder sind nach den Originalen des Peter Heß, die vor der drohenden Zerstörung durch die Witterung in die Neue Pinakothek in Sicherheit gebracht worden, von Nilson gemalt,

d) Die früher an der Westseite verteilt gewesenen Taten des Herkules, tüchtig gearbeiteten Kolossalgruppen von Roman Boos um 1780 in Holz ausgeführt und jetzt am Schluß der Nord-Arkaden in 7 Nischen aufgestellt, sind charakteristisch für die Uebergangszeit vom Rokoko zum Klassizismus {B 94 und 06, HR, R, Rb, W]

 

1) Schon unter Kurfürst Karl Theodor, Ende des 18. Jahrh., war eine genau an der Stelle des jetzigen „Cafö Bauknecht“ von einem Italiener errichtete Kaffeesiederei ein Sammelplatz für die vornehme Welt, die im Oberstock (ganz ähnlich wie heute noch) Räume für die Hofgesellschaft enthielt [BAJ 177].

2) 1823 traten mehrere der sogen. „Akademischen Kunst“ fernstehende Künstler zur folgenreichen Stiftung des „Münchner Kunstvereins“ zusammen, der den ausgesprochenen Zweck hatte, den Zusammenhang mit der Bevölkerung zu vermitteln; es waren zunächst Peter Heß, Dominik Quaglio, Stieler, Gärtner, Mettenleiter und Raffael M'intter, die sich an die Spitze stellten. Dieses erste Auftreten des Associationssystems in der Kunst in Deutschland hatte einen wahrhaft unermeßlichen Erfolg; es zeigte vor allem unwiderleglich, wie un-begründet der Vorwurf der Gleichgiltigkeit gegen die Kunst war, den man den Münchner so oft gemacht: mit 189 Mitgliedern, darunter 60 Künstlern, begonnen, zählte der Verein bereits 60 Jahre später 6000 Mitglieder mit 800 Künstlern und er hat bis dahin über 500000 Mk. für Ankäufe verwendet [P 91]1


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