Alte Quellen

Prinzregententheater


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Quelle Zauner - München in Kunst und Geschichte (257)
Jahr 1914
Straße Prinzregentenplatz 12

Prinzregententheater, Prinzregentenplatz 12. Von Max Littmann 1900—1901 um rund 1 600000 Mark (ohne Restaurant) erbaut. Schon König Ludwig II. hatte die Absicht, den Werken Richard Wagners ein eigenes Festspielhaus zu errichten, mußte sie jedoch aufgeben, obwohl bereits Pläne und Modelle von Gottfried (um 1868) angefertigt waren. Endlich gelang es 1899 dem damaligen Hoftheaterintendanten Ernst von Possart, den Gedanken Ludwigs II. wieder aufzunehmen und in kurzer Zeit, wenn auch in einfacher Form, zu verwirklichen. Das Haus erstand genau so wie es Meister Wagner für die Aufführung seiner AVerke selbst gewünscht hatte, wurde sofort von der Kgl. Zivilliste gepachtet und am 20. August 1901 eröffnet. Die Bauanlage zeigt nach allen Seiten hin eine wohlansprechende Silhouette; selbst nach Süden zu wird die Hauptbühne durch die Umbauten entlastet, während sie nach keiner Seite hin auffallend dominiert. Die Gruppe bringt das theatralische Prinzip in entgegengesetzter Richtung nach außen zur Geltung und läßt sicher auf die innere Raumbewegung schließen. Als Hauptkörper erscheint das mit seiner Firstlinie 37 m über die Nigerstraße sich erhebende Bühnenhaus, dem sich die Magazine und Garderoben angliedern. Nach Norden reiht sich daran das 18 m hohe Zuschauerhaus, das vom Wandel- und Bogengang umgeben ist, während dieser das Vestibül und den Salon des Kgl. Hofes-heraustreten läßt. An der Ostseite des Zuschauerraums löst sich der massive Trakt des Restaurationsgebäudes ab, ein kräftig wirkendes Gegenstück zum •Corpus des Bühnenhauses; es enthält im gleichen Niveau einen Foyerraum, der nach Norden zu auf die Terrasse, nach Süden in den Restaurationspark führt, während sich dem gegenüber ein großer Nebensaal anschließt; beide Säle sind des Tags über für Restaurationsräume bestimmt und bei den großen Festspielen zur Aufnahme der Besucher während der Pause. Die Fassade ist in reinem Kalkputz hergestellt; die einzelnen, den Witterungseinflüssen besonders ausgesetzten Architekturteile wie Gesimse, Attiken, Sohlbänke, ferner die plastischen Füllungen, die Auffahrtsrampe, Pergola, Ballustraden, Fensterpfosten sind in weißem Kunststein ausgeführt. Der dekorative Schmuck beschränkt sich beim Bühnenhaus sowohl wie an den Seitenflächen auf einzelne in Kalkmörtel aufgebrachte Masken; der Mittelbau jedoch, der den festiven Akt der Hauptanfahrt herauszuheben bat, wird ausgezeichnet durch die 4 in Estaillades ausgeführten Figuren: Musik, Gesang, Tragödie und Komödie von H. Wadere; die Giebelfront ist gleich den seitlichen Pavillons unterm Gebälk mit Friesreliefs geschmückt, darstellend Gesang und Tanz, Wahrheit und Schönheit (von Prof. Ernst Pfeiffer).

Das Bühnenhaus mußte sich (im Gegensatz zum Zuschauerraum) in baulicher Beziehung ans Althergebrachte halten. Die Bühne wurde — nach Angaben des kgl. Maschinendirektors Karl Lautenschläger — in Eisen konstruiert und, damit die Dekorationen des Hoftheaters mit verwendet werden können, in ihrer Größe nach dem Muster des Münchner Hoftheaters angelegt, das inbezug auf die Größe seiner Bühne unter den Theatern des Kontinente mit an erster Stelle steht. Nur die Hinterbühne wurde tiefer gelegt, damit nach dem Muster von Bayreuth außerordentlich tiefe Bühnenbilder gestellt werden können: bei einer Breite von fast 30 m erhielt die Bühne eine Tiefe von 23 m, während die Hinterbühne 17 m breit und 14 m tief ist. Der Baum für Militär, Statisten und das bis 115 Mann starke Orchester liegt im Untergeschoß. Eine neuartige Einrichtung sind die den Stiegenpodesten vorgelegten Loggien, wodurch bei Feuersgefahr das Künstler- personal, ohne die Stiegen benützen zu müssen, in freier Luft ihre Errettung in Buhe erwarten können. Das Zuschauerhaus (mit 1208 Sitzen) ist räumlich annähernd wie das Bayreuther „Musterhaus“ ausgebildet: im Amphitheater ist das die Bühne von den Gradationes trennende versenkte Orchester (der „majestätische Abgrund“ B. Wagners), die Steigerung des Amphitheaters 1: 3,8 mit seinen seitlichen Eingängen, die alleinige Anordnung der Bogen in der mit den Sitzreihen konzentrischen Eüekwand genau beibehalten worden. Die für den Kgl. Hof bestimmten Bäume (die 3 Mittelbogen, ein Salon und ein Toilettezimmer) haben besondere Aufgänge mit der neben dem westlichen Stiegenhaus angeordneten eigenen Anfahrt.

Zu beiden Seiten des Amphitheaters stehen in Nischen die über 2 m großen Statuen von Schiller, Goethe, Lessing, Shakespeare, Wagner, Beethoven, Mozart »und Gluck (von Düll, bezw. Uedmaier, Kaihdl, von Kramer und Stehle). Die Wände selbst sind als eine geschlossene, nur durch die Türen unterbrochene Fläche ausgebildet nach der Forderung Wagners: „Zwischen dem Zuschauerraum und dem zu erschauenden Bild befindet sich nichts deutlich Wahrnehmbares, sondern nur eine zwischen die beiden Proszenien durch architektonische Vermittlung gleichsam in Schwebe erhaltene Entfernung, die uns das durch sie entrückte Bild in der Unnahbarkeit einer Traumerscheinung zeigt, während die aus dem majestätischen Abgrund geisterhaft erklingende Musik gleich den unter den Sitzen der Pythia dem Urschoß Gajas entsteigenden Dämpfen in jenen begeisterten Zustand des Hellsehens versetzt, in welchem das szenische- Bild ihm jetzt zum wahrhaftesten Abbild des Lebens selbst wird.“ Darum und auch in Bücksicht auf die Akustik wurden die seitlichen Wandflächen in ihrem obern Teile möglichst geteilt und aufgelöst unter Vermeidung des Eindruckes, als ob hier „Logen“ vorhanden wären; deshalb wurden die Seitenwände durch eine Stellung von 5,45 m hohen Säulen unterbrochen, von denen je 2 die Statuennischen flankieren. Durch ein weitausladendes, an jeder Säule sich verkröpfendes Gebälk, durch die freistehenden Säulen mit ihren Putten und Vasen, durch die rückspringenden Nischen mit ihrem derb rauhen Putz, durch reiche Stoffbespannung und Gardinen in den Logen der Bückwand, sowie durch die völlig horizontal durchgebildete Decke sollte eine möglichst gute Akustik erzielt werden. In direkter Verbindung mit dem den Zuschauerraum umschließenden Wandelgang sind die 3 Haupteingänge, wobei die Erfahrung maßgebend war, daß Notausgänge in der Regel im Moment einer Panik nicht benützt werden, wenn das Publikum nicht schon ständig mit der Benützung derselben vertraut ist; daher wurde eine Dezentralisierung der Eingänge vorgesehen und neben dem Eingang in der Mitte noch je einer auf der Nord- und Westseite in den Stiegenhäusern aufgelassen. Alle übrigen dem Publikum zugänglichen Bäume sind gleichfalls würdig ausgestattet: die Stiegen sind in Blauberger Granit hergestellt, die Böden der Wandelgänge und Foyers mit Terrazzo belegt, ihre Wände mit Stucklustro überzogen und der Foyerplafond reich bemalt; der östliche mit einem Bacchusfries auf blauem Grunde und allerlei Tierfiguren auf gelbem Grunde, der westliche mit Grotesken auf stumpfblauem Grunde. Diese Male reien stammen gleich jenen in den Logenkorridoren, dem Königssalon, dem Zuschauerraum von Julius Mössels und Karl Selzer.

Der Königssalon erhielt durch eine Stoffbespannung der Wände eine seiner Bedeutung würdige, etwas reichere Ausgestaltung, die bei der zu ihr führenden Königstreppe mit ihrem Foyer ebenfalls durch Stucklustro erzielt wurde. Im Wandelgang eine Prinzregentenbüste von Wadere in einer mit Goldmosaik verkleideten und mit Cipolinmarmor umrahmten Nische. Das Dach des Theaters ist mit Zoncafarbe patiniert [BAJ 245 und 251; SB 01,32].


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