Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Blumentöpfe, Möbel, Mode, Plakate, Schmuck – unter dem Titel „Jugendstil. Made in Munich“ präsentiert die aktuelle Ausstellung in der Münchner Kunsthalle (zu der natürlich auch ein angemessen opulenter Katalog erschienen ist) einzigartige Schätze aus dem Besitz des in Umbau befindlichen Münchner Stadtmuseums und diverser Leihgeber. Zugleich offenbart die bunte Palette höchst origineller, in den Augen damaliger Zeitgenossen geradezu „verrückter“ Exponate einmal mehr, dass das liberale und weltoffene München der Prinzregentenzeit eine Kulturmetropole von europäischem Rang war – und ein Laboratorium der Moderne. Die visionären, um nicht zu sagen revolutionären Ideen jener Tage klingen in Kunst, Design, aber auch in unserem Lebensgefühl, in unseren gesellschaftlichen und politischen Überzeugungen bis heute nach.
Ausgerechnet das Fin de siècle – in seiner Krisenhaftigkeit nicht weniger herausfordernd als unsere Zeit – brachte also eine Aufbruchstimmung hervor, die in anhaltende Diskussionen über die Gleichstellung der Geschlechter, den Schutz der Natur oder den Verzicht auf Fleisch mündete und den Weg in eine bessere Zukunft wies. Zu den publizistischen Sprachrohren des unerschütterlichen Glaubens an das Gute, Wahre und Schöne zählte eine 1896 in München gegründete „illustrierte Wochenschrift“: Die „Jugend“ machte mit ihren farbenfrohen Titelbildern den grauen Alltag vergessen, hieß den Wandel als Garant des Fortschritts willkommen und wurde von konservativen Kreisen erwartungsgemäß als „rotzfrech“ wahrgenommen. Ihr Titel war Programm: Die Autoren und Illustratoren sprachen ein Publikum an, das trotz (oder gerade wegen) der epochalen Zumutungen „mit frischem Muth“ und glühendem Herzen „vorwärts“ zu schauen gedachte. Das mussten nicht zwingend junge Leute sein. Angesprochen fühlen sollten sich genauso die „in der Herbstsonne alter Jahrgänge Gereiften“, die es nicht verlernt hatten, neugierig zu sein.
Hinter der Wochenschrift „Jugend“ stand eine gewichtige Persönlichkeit des damaligen Münchner Kulturlebens: Georg Hirth, wortgewaltiger Journalist und Herausgeber der „Münchner Neuesten Nachrichten“. Der charismatische Feuerkopf mit dem roten Haarschopf, ein gebürtiger Thüringer (!), galt als Meister der politischen Auseinandersetzung und als Tausendsassa. Allem Neuen gegenüber aufgeschlossen, benutzte er das erste Telefon der Stadt, formulierte geradezu umstürzlerische „Ideen zur Verschönerung Münchens“ (so regte er die Begrünung [!] der Ludwigstraße an) und publizierte zur Hirnforschung. In erster Linie aber war er ein „liberaler Idealist“, der voller Leidenschaft für grundlegende Reformen in Politik und Gesellschaft eintrat, Klerikale, Monarchisten und andere irrlichternde Elemente in die Schranken wies, die Emanzipation der Frau und die „Demokratisierung der Kunst“ forderte und nicht müde wurde, den Optimismus selbst dann hochzuhalten, wenn andere den Untergang nahe wähnten.
In der kommenden Woche erzählt Klaus Reichold u.a. von der wohltuenden Abwesenheit jeglicher „Streberei“, „sozialer Mißgunst“ und „widerlicher Prüderie“, von den angeblichen Vorzügen eines Wohnzimmers, das nach dem Vorbild eines Renaissanceschlosses eingerichtet ist, und davon, was der „Jugendstil“ mit einem Aussichtspunkt in den Ammergauer Alpen zu tun hat, der knapp oberhalb von Schloss Neuschwanstein liegt und einen selten schönen Blick auf Hohenschwangau und den Alpsee bietet.
Sein Domizil in der Luisenstraße 14, schräg gegenüber der Münchner Benediktinerabtei St. Bonifaz, ähnelte einem Palazzo des Cinquecento. In dessen Festsaal wurde aber nicht nur getanzt. Hier mimte der Hausherr notfalls auch – in Anwesenheit von Mitgliedern der bayerischen Königsfamilie – einen japanischen Kaiser. Dabei war Georg Hirth weder Clown noch Bühnenheld, sondern Volkswirt und Verleger. 1896 gründete er die „Jugend“ – das Sprachrohr der Münchner Kulturszene gegen „Muckertum“ und andere Unarten der Kaiserzeit. Die Wochenschrift gab dem Jugendstil seinen Namen.
Veranstalter | Histonauten |
Datum |
18.11.2024
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Uhrzeit | 19:00 - 20:30 |
Referent/in |
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Treffpunkt | Zentrum St. Bonifaz, Karlstr. 34 |
Anmeldung | erwünscht |
Preis | 15,00 € |
Internet | Knallerbsen auf die Glatzen der Kleingeister |
Veranstaltungsart | Vortrag |
Personen | Hirth Georg |