Adressbuch(1880) - Marienplatz

Adressbuch - 1880

Beschreibung: Früher „Marktplatz“, im 18. Jahrhundert auch schlechthin „Platz“, zuletzt „Haupt-“ oder „Schrannenplatz“ genannt, trägt er seinen jetzigen Namen seit 9. Okt. 1854 mit Beziehnung auf seine Mitte zierende Mariensäule, welche 1636-39 von Kurfürdst Maximilian I. zur dankbaren Erinnerung an den Sieg am weißen Berge bei Prag (8. Nov. 1620) errichtet, 1820 restauriert und 1858 mit künstlichen Anlagen um den Sockel versehen ward. – Gegen die Mitte des Platzes zu befand sich die herzogliche Münzschmiede, welche 1294 aus nicht genau bekannten Gründen bei einem Volksauflaufe niedergerissen wurde. An ihrer Stätte erhob sich die Gollierkapelle (s. Gollierstraße). In der Nähe derselben waren die „Fleischbänke“ errichtet, die entweder schon 1253 oder erst zu Anfang der 14. Jahrhunderts entfernt wurden (s. Fleischbankstraße) Gegen die St. Peterskirche zu hatte man allerlei Kramläden angebracht, während auf der anderen Seite stets der Fruchtmarkt gehalten wurde, daher man den einen theil „unter den Ktämern“, den anderen die „obere“ und „untere Kornschranne“ unterschied. Das Wort „“Schranne bezeichnet jedoch in seiner ursprünglichen bedeutung keineswegs den Gedreidemarkt, sondern in seinen ältesten Vorkommen (scranna) „Bank“. Hieraus entstand der spätere Begriff: Bank des Richters und der Rechtsprecher. In diesem Wortsinne erhielt dann der Hauptplatz die Benennung „Schrannenplatz“. Da auf dem Hauptplatze überall zugleich der wöchentliche „Gedreidemarkt“ abgehalten wurde, so ging der Name „Schranne“ auch auf diesen über. „Unter den Bögen“, die spätere Bezeichnung der Krämen, rechnete man beständig zum Marktplatz; auf der Südseite desselben sind sie noch erhalten und werden vom Volke in „finstere“ und „lichte“ abgetheilt. Der Fruchtmarkt bekam im 17. und 18. Jahrhundert auch den Namen „Kräutelmarkt“. Noch im vorigen Jahrhundert hieß der nördliche Theil des Platzes „Markt Mariä“, der südliche „Markt Petri“, und die Südostecke desselben „Eiermarkt“, welcher dann bis 1829 der „Viktualienmarkt“ war. Die kurze Verbindung vom Eiermarkt zum Petersplatz hatte damals den Namen „Pfaffengäßchen“, während die von der Mariensäule zum Hauptportale der peterskirche „Schleckergäßel“ genannt ward. In den ersten Jahrhunderten des Bestehens der Stadt hielt man die Tuniere im Freien auf dem Kornmarkte ab, später in dem wahrscheinlich im 16. Jahrhundert erbauten „Tunier-“ oder „Tummelhaus“ rechts vor dem Schwabinger Thor, also etwa an der Stelle des westlichen Traktes der heutigen HofgartenArkaden. Der alte „Fischbrunnen“ ist seit dem 19. Sept. 1966 styl- und geschmacksvoll erneuert. Auf dem Marktplatze wurden in ältester Zeit vor dem Rathhause die Hinrichtungen der Verbrecher vollzogen.


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{Karl Stankewitz}